Wort des Pfarrers zum Sonntag

Auferstehung und Verwandlung

Wir kennen das: „Schmetterlinge im Bauch“ – ein Bild für Frühlingsgefühle, für das Verliebtsein. Da könnte jemand vor Freude die ganze Welt umarmen. Die Gaukler der Lüfte sind ein farbenfrohes und faszinierendes Symbol für Freiheit und Leichtigkeit, Verwandlung und Erneuerung. Sie lehren uns, die Schönheit der Natur zu bestaunen und in ihrem Wandel zu sehen. Die kleinen Pinselstriche der Schöpfung auf der Leinwand des Himmels sind Boten von Farbenpacht und Lebensfreude.

Schon in der Antike war der Schmetterling ein Symbol der Verwandlung. Das frühe Christentum hat diese Symbolik aufgegriffen und als Sinnbild der Verwandlung vom Tod zum Leben, für die Auferstehung Jesu verstanden. Der Schmetterling ist ja nicht von Anfang an da, sondern macht eine Entwicklung durch. Aus dem Ei kommt zuerst einmal die Raupe, und nach einer ganz bestimmten Zeit verpuppt sich die Raupe in einem Kokon, bis sich dann schließlich der Schmetterling entpuppt. Am Ende entsteht etwas Neues und Schönes: leicht und farbenfroh. So wurde der Schmetterling zu einem österlichen Symbol der Hoffnung, der Verwandlung und des neuen Lebens.

Kein Wunder, dass dieses Lebewesen schon im Altertum ein Motiv auf Gräbern war. Im alten Ägypten schmückten Schmetterlinge als Wandmalereien die Ruhestätten und heute findet sich dieses Symbol auf christlichen Grabsteinen. Der Tod ist nicht das Ende, sondern nur eine Verwandlung. Das ist die Botschaft.

Die Kirchenväter griffen den Schmetterling als Symbol in ihren Predigten bereitwillig auf. So erinnerte Basilius der Große (330 bis 379) die an der Auferstehung zweifelnden Christen von Cäsarea: „Denkt an die Verwandlung dieses Tierchens und erkennt darin einen deutlichen Fingerzeig.“

Vor allem Kindern sei dieser Vergleich bis heute unmittelbar einleuchtend, wissen Religionspädagogen. Vielleicht weil viele Eric Carles prächtig illustrierten Bilderbuchklassiker von der „kleinen Raupe Nimmersatt“ kennen. So wie diese geheimnisvoll verwandelt aus ihrem Kokon schlüpft, tritt Jesus aus dem dunklen Grab in ein neues Leben. Auch in unserer Vorbereitung auf die Erstkommunion hat das Symbol des Schmetterlings als Bild für Verwandlung und Auferstehung die Kinder immer wieder tief beeindruckt.

Der Dichter Heinrich Böll macht nachdenklich, wenn er schreibt: „Wenn die Raupen wüssten, was einmal sein wird, wenn sie erst Schmetterling sind; sie würden ganz anders leben: froher, zuversichtlicher, hoffnungsvoller. Der Tod ist nicht das Letzte. Das Leben endet nicht, es wird verändert.“

So spendet die Schweizer Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross Trost mit der Bemerkung: „Wenn wir den Körper ablegen, werden wir frei sein von Schmerzen, Angst und allem Kummer. Wie ein bunter, schöner Schmetterling dürfen wir heimkehren zu Gott.“

Darum schmückt in diesem Jahr, dem Heiligen Jahr, das Papst Franziskus unter das Leitwort „Pilger der Hoffnung“ gestellt hat, ein Schmetterling unsere Osterkerze. Für die eine oder den anderen ungewohnt, unverständlich. In bewährter Weise hat Carolin Beck unsere Osterkerze, die uns ein Jahr lang durch Freud und Leid in unserer Gemeinde begleitet, wieder eindrucks-, ja hoffnungsvoll gestaltet. Vielen Dank und „Vergelt´s Gott“ dafür.

Mit Ostern weitet sich unser Horizont. Ostern bedeutet: Über das Raupendasein hinausblicken. Wir sind nicht dazu bestimmt, Raupen zu sein, sondern Schmetterlinge. Der Tod ist nicht das Ende. Er ist nur eine Verwandlung zu einem neuen Leben bei Gott, zum ewigen Leben. So wie es Paulus schreibt: Verwandelt werden wir (1 Kor 15, 52). Die Schmetterlinge auf Grabsteinen, der Schmetterling auf unserer Osterkerze – ein Symbol der Hoffnung auf die Auferstehung, die Verwandlung zum ewigen Leben. Ostern verleiht Flügel!

Der Schmetterling macht Mut: Was Ostern geschehen ist, kann sich immer wieder ereignen. Es kann sich auch schon hier mitten in dieser Welt und in meinem Leben etwas verwandeln und neu werden. Manchmal gilt es den Kokon seiner eigenen Gewohnheiten und Zwänge, die nicht dem Leben und der Lebendigkeit dienen, zu verlassen. Es braucht nicht alles bleiben, wie es ist. Plötzlich entpuppen sich neue Perspektiven. Das Leben gewinnt neue Leichtigkeit. Die vielfältigen Farben des Schmetterlings sollen von diesem neuen Leben der Auferstehung Jesu und der Hoffnung erzählen und das Licht der Osterkerze strahlt es aus in unsere Gemeinde.

Der oder die ist wie verwandelt!“ – das wäre doch Ostern ganz konkret, im Alltag spürbar, hautnah erlebbar. Österlich leicht und erleichtert, beschwingt und schwungvoll können wir ein Lied auf den Lippen tragen. (Es lässt sich nicht nach der Melodie von „Wer nur den lieben Gott lässt walten“, im Gotteslob Nummer 424 singen):

Die Sonne löst dem Schmetterlinge das Band mit ihrer Strahlenmacht.

Sieh, er erhebt die zarte Schwinge, geschmückt mit neuer Frühlingspracht,

und winkt in höh´rer Luft mir zu: `Verwandelt, freu dich,

Mensch bist du!“

Möge uns zum Osterfest und in der frühlingshaften Osterzeit so mancher Schmetterling begegnen und uns ob eines solchen Wunders zum Staunen bringen. Möge er uns daran erinnern, was Heinrich Böll über das österliche Lebensgefühl der Verwandlung geschrieben hat: „froher, zuversichtlicher, hoffnungsvoller“. In diesem Sinn wünsche ich allen Kleinostheimerinnen und Kleinostheimern – besonders den Kranken und den Trauernden und in österlich-ökumenischer Verbundenheit unseren evangelischen und orthodoxen Mitchristen – sowie allen, die mit uns in den Gottesdiensten die Auferstehung Jesu feiern, ein frohes, zuversichtliches, hoffnungsvolles Osterfest. Bei allem, was uns das Leben schwer macht, bei allem, was uns manchmal lähmt – lassen wir uns vom Auferstandenen zu einem neuen und verwandelten Leben in einer beflügelnden Gemeinschaft einladen und ermutigen.

Heribert Kaufmann